Die spezifischen Daten von Transformatoren können über Messungen oder über die Nachrechnung aus der Konstruktion abgeschätzt werden.

Abschätzung der Nenndaten

Wenn keine Nenndaten angegeben sind, kann bei einer angenommenen Frequenz (zum Beispiel 50 Hz) über die Aufnahme der Leerlaufkennlinie die Nennspannung abgeschätzt werden. Dazu wird mit einer veränderlichen Wechselspannungsquelle (Verstelltrafo, Variac) die Spannung von Null V aus kontinuierlich erhöht und zusammen mit dem Strom in einem Diagramm dargestellt. Meistens liegt die Nennspannung im Übergang zur Sättigung. Der Nennstrom kann aus dem Leiterquerschnitt der Primärwicklung abgeschätzt werden. Überschlagsmässig kann von etwa 10 A Strom pro mm² Leiterquerschnitt ausgegangen werden.

messung_transformator_leerlaufkennlinie
Auf der Leerlaufkennlinie dieses Transformators erfolgt der Übergang in die Sättigung bei einer Spannung von etwa 230 V.

Messungen

Die einzelnen Werte des Ersatzschaltbildes eines Transformators können mit verschiedenen Messungen bestimmt werden.

messung_transformator_ersatzschaltbild
Ersatzschaltbild eines Transformators.

Widerstandsmessung

Der ohmsche Widerstand der Wicklungen RCu1 und RCu2 kann mit einem Ohmmeter gemessen werden. Bei grösseren Transformatoren sind die Widerstandswerte so klein, dass der Übergangswiderstand der Messklemmen eine grosse Rolle spielt. Nebst der Verwendung einer Messbrücke kann man einen Gleichstrom von zum Beispiel 1 A einspeisen und an den Transformatorklemmen die Spannung messen. Bei der Widerstandsmessung ist zu beachten, dass Temperaturkoeffizient von Kupfer 0.0039 1/K beträgt, bei 10 K Temperaturdifferenz sind das fast 4%.

Leerlaufmessung

Bei offenen Sekundärklemmen wird an die Primärwicklung die Nennspannung angelegt. Das Verhältnis der Primärspannung zur Sekundärspannung ergibt das Übersetzungsverhältnis: ü = U1 / U2. Das Spannungsverhältnis im Leerlauf ist auch das Verhältnis der Wicklungszahlen ü = N1 / N2

Der aufgenommene Leerlaufstrom I0 teilt sich auf in den Magnetisierungsstrom Iμ und den Strom für die Eisenverluste IFe. Mit einer zusätzlichen Leerlaufleistungsmessung P0PvFe [W] können diese beiden Ströme unterschieden werden: IFe = PvFe / U1 denn vor allem die Eisenverluste beziehen Wirkleistung (die Wirkleistungsaufnahme der Primärwicklung kann bei kleinen Leerlaufströmen im Verhältnis zum Nennstrom im allgemeinen vernachlässigt werden. Bei relativ grossen Leerlaufströmen können die Kupferverluste mit PvCu1 = RCu1 I0² von der Leerlaufleistung P0 abgezogen werden, der ohmsche Widerstand RCu1 ist aus der Widerstandsmessung schon bekannt). Daraus lässt sich der Ersatzwiderstand für die Eisenverluste berechnen: RFe = U1²  / PvFe oder RFe = U1 / IFe.

Mit der im Leerlauf aufgenommenen Blindleistung lässt sich nach dem gleichen Verfahren wie beim Eisenwiderstand der Strom durch die Hauptinduktivität berechnen: Iμ = Q0 / U1 und daraus die Primärinduktivität: L1 = U1 / (ω Iμ). Bei vielen Transformatoren ist die Streuinduktivität Lσ1 sehr viel kleiner als die Hauptinduktivität Lh, so dass L1Lh gesetzt werden kann. Wenn keine Blindleistungsmessung zur Verfügung steht, kann die Blindleistung aus der Scheinleistung und Wirkleistung errechnet werden: Q0 = √(S0² - P0²).

Kurzschlussmessung

Bei kurzgeschlossenen Sekundärklemmen wird die Spannung an der Primärwicklung soweit erhöht, bis der Nennstrom fliesst. Wenn die Nennspannung angelegt würde, könnten die entstehenden Stromwärmeverluste in den Kupferdrähten den Transformator zerstören. Je höher diese Spannung U1k im Verhältnis zur Nennspannung U1 liegt, desto grösser ist die Streuung des Transformators. Je tiefer die relative Kurzschlussspannung liegt, desto grösser wäre der Kurzschlussstrom: I1k =  I1 U1 / U1k. Der Strom, welcher über die Hauptinduktivität Iμ und den Eisenwiderstand IFe fliesst, kann in den meisten Fällen vernachlässigt werden, da beim Kurzschluss nur etwa die halbe Eingangsspannung über diesen beiden Impedanzen anliegt. Der Kurzschlussstrom wird durch den ohmschen Widerstand RCu und die Streuinduktivität Lσ der beiden Wicklungen begrenzt. Da bei der üblichen Transformatorauslegung die Primärgrössen und transformierten Sekundärgrössen etwa gleich gross sind RCu2' = RCu2 ü² ≈ RCu1 und Lσ2' = Lσ2 ü² ≈ Lσ1, ergibt sich folgende Formel: 2 (RCu1 + jωLσ1) = U1k / I1 und für die gesuchte Streuinduktivität: Lσ1 = √((U1k / (2 I1))² - RCu1²) / ω. Bei grösseren Transformatoren kann der Wicklungswiderstand oft vernachlässigt werden.