Am europäischen Spotmarkt EPEX wird Strom derzeit für 8 bis 12 Rappen pro Kilowattstunde gehandelt, vor 2 Jahren war er für lange Zeit um 4 Rp./kWh.

Ein Grosskunde mit eigener Transformatorenstation bezieht den Strom für 15 bis 20 Rp./kWh. Ein Privathaushalt bezahlt aber deutlich mehr, 25 bis 45 Rp./kWh. Wie kann das sein?

Zusammensetzung des Strompreises

Beispiel für die Zusammensetzung des Strompreises von 35 Rp./kWh für einen Haushaltkunden. Bei einer Marktöffnung mit der freien Wahl des Stromlieferanten kann nur der Teil Energie gewählt werden. in diesem Beispiel verursacht dieser nur 37 % der Gesamtkosten.
  • Energiepreis (auch Arbeitspreis genannt), 10 bis 15 Rp./kWh
    Das ist der Preis des EVU (Energieversorgungsunternehmen) für die gelieferte Energie. Das EVU kauft die geschätzte erforderliche Energie für alle Kunden pro Woche zum Voraus auf dem freien Markt ein (Terminmarkt, Zeitspannen bis 3 Jahre). Es gibt Bandenergie (rund um die Uhr) und Spitzenenergie (während der Arbeitszeit), die etwas teurer ist. Die Differenz zur dann von den Kunden bezogene Energie wird kurzfristig am Spotmarkt verkauft oder gekauft. Der Beschaffungsaufwand und ein Gewinn für das Spekulationsrisiko ist im Energiepreis enthalten.
    In der EU kann jeder Stromkunde seinen Energielieferanten (nicht das EVU) selber wählen. In der Schweiz nur Kunden mit einem Jahresstrombezug von über 100'000 kWh.
  • Netznutzungskosten, 4 bis 15 Rp./kWh
    Das sind die Kosten für das Verteilnetz vom Produzenten bis zum Konsumenten. Früher gab es nur einen Strompreis. Durch die Öffnung des Strommarktes mussten die EVU ihre Netzkosten separat ausweisen. Eigentlich verursacht nur die Anschlussleistung Netzkosten, der Energiebezug verursacht kaum Kosten. Politisch wurde aber entschieden, dass die Netzkosten auf den Stromverbrauch (kWh) gerechnet werden, eine Art Umsatzbeteiligung für das EVU. So werden die Netzkosten eines Stromkunden mit geringem Stromverbrauch von Kunden mit hohem Verbrauch quersubventioniert, was auch einen Anreiz zum Stromsparen geben sollte.
    Die Höhe der Netznutzungskosten werden in der Schweiz von der staatlichen Behörde ElCom kontrolliert. Das Ziel ist: Mit den Netznutzungskosten den Aufwand und Gewinn eines EVU zu decken, auch wenn alle Kunden den Strom von einem anderen Anbieter beziehen würden.
    Es gibt regional grosse Unterschiede der Netznutzungskosten, die vom Verteilnetz, den Stromkunden und auch vom Management des EVU abhängig sind. Je weniger Strom im Netz eines EVU bezogen wird, desto höher werden die Netznutzungskosten pro kWh.
  • Spitzenleistung und Blindstrom
    Diese beiden Tarifpositionen werden beim Haushaltsstrom nicht separat verrechnet, sie sind in den Netznutzungskosten enthalten. Bei grösseren Strombezügern werden sie aufgeführt, dafür sind die Netznutzungskosten etwas tiefer.
    Die Spitzenleistung ist der maximale Energiebezug während einer Viertelstunde innerhalb eines Monates. Diese Energiemenge (kWh) wird auf eine durchschnittliche Spitzenleistung (kW) umgerechnet. Der Preis liegt im Bereich von 4 bis 10 Franken pro kW und Monat.
    Die Blindstromenergie wird verrechnet, wenn viele induktive Verbraucher (Motoren, Transformatoren) Blindstrom benötigen, der nicht im Betrieb kompensiert wird. Die Blindstromkosten betragen 4 bis 5 Rp./kvar.
  • Systemdienstleistungen, in der Schweiz 0.75 Rp./kWh
    In der Schweiz ist das der Beitrag welcher der Swissgrid (nationale Netzgesellschaft) für die Aufrechterhaltung der Stabilität des Stromnetzes bekommt. Ein grosser Teil davon wird an Stromproduzenten bezahlt, welche Reserveleistung bereit halten und an Stromkunden, die kurzfristig Verbraucher abschalten können. Derzeit wird pro kW Leistungsreserve etwa 100 Franken pro Jahr bezahlt, die Haupteinnahmequelle für grosse Netzbatterien.
  • Stromreserve, in der Schweiz 1.2 Rp./kWh
    Beitrag für die Erhöhung der Versorgunssicherheit (Reserve in Stauseen, Thermische Kraftwerke in Birr) des Bundes ab dem 1. Januar 2024.
  • Einspeisevergütung und Gewässerschutz, in der Schweiz 2.3 Rp./kWh, in Deutschland viel mehr
    Mit der KEV (Kostendeckende Einspeisevergütung) wird die Energielieferung von neuen erneuerbaren Energieanlagen bezahlt, neuerdings auch mit Einmalvergütungen.  Ein grosser Teil des Geldes geht aber in Projekte und Programme für Investitionsbeihilfen zum Stromsparen (ProKilowatt) und andere Aufgaben. KEV Jahresbudget Schweiz: 1.3 Milliarden Franken = 60 Milliarden kWh/a mal 2.2 Rp./kWh. Unternehmen mit einer Zielvereinbarung zur CO2-Redukton und sehr hohen Stromkostenanteil am Aufwand wird die KEV zurückerstattet.
    Beim Beitrag an den Gewässerschutz (0.1 Rp./kWh) geht es vor allem um die Finanzierung von Fischtreppen bei Wasserkraftwerken.
  • Zählermiete, Anschlusskosten, Abgabe an das Gemeinwesen
    Ab etwa 50 Franken pro Jahr.
  • Mehrwertsteuer, 8.1 % vom Strompreis

Tarifzeiten

Oft werden bei den EVU noch 4 Tarifzeiten unterschieden:

  • Hochtarif (Arbeitszeit) und Niedertarif (Nacht und Wochenende). Beginn und Ende der Hochtarifzeit sind nicht einheitlich geregelt, teilweise ist der Samstagmorgen auch noch im Hochtarif. Der Hochtarif ist der Teure.
  • Wintertarif und Sommertarif. Man orientiert sich am hydraulischen Jahr. Das Winterhalbjahr dauert vom 1. Oktober bis zum 31. März, das Sommerhalbjahr vom 1. April bis zum 30. September. Der Wintertarif ist der Teure.
  • Es gibt auch EVU mit nur 2 Tarifen oder nur einem Tarif (Flatrate).

In Zukunft werden neue Tarifmodelle entstehen. Im Sommer bei klarem Himmel und bei viel Wind wird der Strom sehr günstig, im gegenteiligen Fall sehr teuer, vor allem wenn es längere Zeit sehr kalt ist. Eine Flatrate für Stromkunden mit Photovoltaik, Batteriespeicher und Wärmepumpe wird wahrscheinlich deutlich höher liegen als heute.  

Stromeinspeisung

Wenn man für den Strom 20 Rp./kWh bezahlt, ist man enttäuscht, wenn man für die Einspeisung des CO2-freien Stromes aus der Photovoltaikanlage nur 6 Rp./kWh bekommt und das auch noch in der Hochtarifzeit.

Aus der Sicht des EVU, welches den Strom im Sommer für zum Beispiel 4 Rp./kWh einkauft und den vorgelagerten Werken noch eine Netznutzungsgebühr von 1 bis 2 Rp./kWh bezahlt ist das aber ein fairer Preis. Wenn es mehr vergütet, geht das zu Lasten der andern Stromkonsumenten.

Was ist eine Kilowattstunde Strom?

Nehmen wir an, dass wir mit einem Stromvelo selber Elektrizität erzeugen. Mit einer durchschnittlichen Pedalleistung von 125 Watt während eines Arbeitstages mit 8 Stunden gibt das eine Energie von 1 kWh, ein Tageswerk für 20 Rappen.

Ein Pferd das seine Dauerleistung von 1 PS über 8 Stunden abgibt, produziert etwa 6 kWh. James Watt bestimmte so vor über 200 Jahren die Leistungsreferenz Pferdestärke mit einem Arbeitspferd an einem Göpel (ein Drehkreuz in Mühlen).

Eine nicht wiederaufladbare kleine 1.5 V Batterie (Mignon, AA, R6) hat 2 Wh Energie und kostet 1 Franken. Das ergibt einen Strompreis von 500 Franken pro kWh.

Ein Liter Heizöl kostet 75 Rappen und hat einen Energieinhalt von 10 kWh. Damit kann man 100 Liter Wasser zum Kochen bringen oder mit einem Dieselgenerator 3 kWh Strom und 6 kWh Wärme gewinnen. Das ergibt einen Strompreis von 25 Rp./kWh ohne Kosten für den Generator und ohne Erlös für die Wärme.