Die Energiewende, also eine Zukunft ohne Nutzung fossiler Energie (Kohle, Erdöl und Erdgas), ist möglich, auch in der Schweiz. Es gibt für alle Menschen genug erneuerbare Energie (Sonne, Wind, Geothermie, Wasserkraft ...), wir müssen sie nur einfangen. Energie aus Sonne und Wind können wir nur nutzen, wenn sie zur Verfügung steht. Damit wir jederzeit genügend Energie haben, benötigen wir Energiespeicher, welche mit Überschussenergie gefüllt und bei Mangel geleert werden.

Mit erneuerbarer Energie, Wasser und CO2 aus der Luft werden synthetische Energieträger wie Wasserstoff, Methan (Erdgasersatz), Ethanol oder Methanol (Benzinersatz) hergestellt. Als Reserve und wegen den Verlusten bei der Umwandlung muss viel mehr (etwa das dreifache) erneuerbare Energie eingefangen werden, als dann genutzt wird.

Die Umwandlung und Speicherung der Energie wird in grossen und mittleren Anlagen aber auch in kleinen Anlagen in Gebäuden erfolgen. In solchen Grössenklassen wird es auch eine Rückumwandlung in Elektrizität und Wärme geben. Diese Aussicht lässt folgende Veränderungen erwarten:

Selbstversorgung wird möglich

Mit dem im Sommer reichlich gewinnbaren Photovoltaikstrom, der kurzfristigen Speicherung in Batterien und der Umwandlung in synthetische Energieträger können Gebäude, Quartiere, Regionen und Länder eine unabhängige Energieversorgung aufbauen. Wasser-, Wind- und weitere Kraftwerke sowie andere Speichertechnologien werden die Energieversorgung ergänzen, Stichwort: Power-To-Gas. Bei der lokalen Rückumwandlung (Turbine, Verbrennungsmotor, Brennstoffzelle ...) der synthetischen Energieträger in Elektrizität kann die Abwärme für die Gebäudeheizung und das Warmwasser genutzt werden. Diese Möglichkeit ist bei Grossanlagen sehr eingeschränkt.

Wegen der Versorgungssicherheit (kein Wind, wenig Sonne, Störungen ...) aber auch wegen der Kosten wird die Vernetzung mit Nachbarn auch in Zukunft eine Option bleiben.

Die Energiekosten steigen

In den vergangenen Jahren lag der Grosshandelspreis weitgehend saisonunabhängig bei etwa 4 Rappen pro Kilowattstunde Elektrizität, Ab Mitte 2021 ist er plötzlich in die Grössenordnung von 20 Rp./kWh gestiegen. Das wird in einer erneuerbaren Energiezukunft nicht mehr so sein. Heute produzieren grosse Photovoltaik- und Windkraftwerke Strom für 6 bis 8 Rappen pro Kilowattstunde, aber nur bei Sonnenschein oder Wind. Für die übrige Zeit müssen andere Quellen dienen. Bei einer rein erneuerbaren Energieversorgung werden die Sonnen- und Windkraftwerke viel mehr Strom liefern, als aktuell gebraucht wird. Die zu viel produzierte Elektrizität wird in Batterien gespeichert oder in chemische Energie umgewandelt (Beispiel Elektrolyse). Es ist auch zu erwarten, dass die Kraftwerke zeitweise abgeregelt werden müssen, damit das Stromnetz stabil bleibt. Eine Abnahmeverpflichtung der Energieversorger wird in Zukunft zu teuer werden.

Aus einer Kilowattstunde Wind- oder Photovoltaikstrom wird über die Umwandlung in Wasserstoff und Rückumwandlung nur noch eine halbe Kilowattstunde Strom, derzeit noch deutlich weniger. Zusammen mit den Anlage- und Betriebskosten für diese zweifache Umwandlung und Speicherung wird die Stromproduktion in der "Dunkelflaute" 20 bis 40 Rappen pro Kilowattstunde kosten.

Die Herstellungskosten für Wasserstoff werden vielleicht bei 15 Rappen pro Kilowattstunde liegen, die von Methangas und Methanol werden höher sein.

Eine Kilowattstunde Batteriespeicher mit Elektronik wird bald nur noch 200 Franken kosten. Bei einer Lebensdauer von 12 Jahren und 4000 Zyklen ergibt das Speicherkosten von 5 Rappen pro Kilowattstunde. Zusammen mit dem dazu erforderlichen Photovoltaikstrom wird die Kilowattstunde 15 Rappen kosten. Eine Batterie als Saisonspeicher (vom Sommer in den Winter) hätte in 20 Jahren Lebensdauer nur 20 Zyklen, was Kosten von über 10 Franken pro Kilowattstunde ergeben würde.

Die lokalen Energieversorger haben viel Geld in ihr Versorgungsnetz investiert und müssen es laufend unterhalten. Diese Kosten werden über die Netzkosten (5 bis 15 Rappen pro Kilowattstunde) durch die Abonnenten bezahlt. Durch die höhere Selbstversorgung der Gebäude wird der Stromumsatz deutlich abnehmen, die Netzkosten werden also zunehmen. Vielleicht wird es sogar Netzkosten für die Einspeisung geben?

Der Energiepreis wird steigen. Bei Sonnenschein oder Wind wird der Strom sehr günstig sein, im Winter bei Flaute wird der Abonnentenpreis vielleicht bei 60 Rappen pro Kilowattstunde liegen.

Verkehr

Auf den Strassen wird der Anteil der Elektromobile zunehmen. Aber auch Fahrzeuge, welche mit Wasserstoff, Methan, Ethanol, Methanol usw. betrieben werden, ersetzen Benzin- und Dieselautos. Derzeit werden in der Schweiz die Strassen über die Mineralölsteuer (rund 73 Rappen pro Liter) finanziert, wovon 30 % in die allgemeine Bundeskasse fliessen. Ein Elektroauto benötigt für 100 km rund 20 Kilowattstunden Strom, ein Benzinauto 7 Liter Benzin (70 Kilowattstunden Energie, 5 Franken Mineralölsteuer). Wenn die Finanzierung der Strassen in Zukunft über die Energie laufen würde, ergäbe das bei Elektromobilen einen Zuschlag von 25 Rappen pro Kilowattstunde Strom.

Transportmittel mit hohen Reichweiten wie Flugzeuge, Schiffe oder Lastwagen werden mit Wasserstoff, Methan, Methanol usw. betrieben werden. Bei kurzen Reichweiten werden Batterien dominieren.

Energieverbrauch Schweiz und Hochrechnung

Die 8,5 Millionen Menschen in der Schweiz konsumieren derzeit 230 Milliarden Kilowattstunden Energie pro Jahr. Das macht pro Mensch 27'000 Kilowattstunden im Jahr, was einer durchschnittlichen Leistung von 3 Kilowatt entspricht. Da es in der Schweiz kaum Schwerindustrie gibt, müsste man für einen fairen Ländervergleich die importierte Graue Energie dazu rechnen.

Diagramm des Energieverbrauchs der Schweiz im Jahr 2018.
Aktueller Energieverbrauch der Schweiz. Datenquelle Bundesamt für Energie.

In der Schweiz werden immer mehr Gebäude mit einer Wärmepumpe geheizt. Der Anteil der Elektromobile ist auch stetig am wachsen. Beide Trends führen zu einem Anstieg des Stromverbrauchs. Wenn bei sonst unveränderter Situation in 30 Jahren alle Gebäude mit Wärmepumpen geheizt werden und alle Autos elektrisch fahren, würde sich der Stromverbrauch um etwa 60 % erhöhen.

  • 31 TWh Erdgas und 32 TWh Heizöl ergeben rund 60 TWh Heizenergie. Wärmepumpen mit einem COP von 3 benötigen dafür 20 TWh Elektrizität.
  • 82 TWh Treibstoffe werden in Fahrzeugen mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 22 % verbrannt, was einer Transportarbeit von 18 TWh entspricht. Elektromobile mit einem Wirkungsgrad von 90 % erledigen diese Arbeit mit 20 TWh Elektrizität.

Der Stromverbrauch würde so mit dieser einfachen Hochrechnung im Jahr 2050 rund 100 TWh betragen. Die übrigen Energieträger wie Holz, Abfall, Biogas, Wasserstoff, Methan und Methanol werden vielleicht von 28 auf 40 TWh steigen. Zusammen gerechnet gibt das im Jahr 2050 einen Energieverbrauch von 140 TWh (140 Milliarden Kilowattstunden). Die Durchschnittsleistung pro Mensch würde aber auf 1,9 Kilowatt sinken. Das ist keine Prognose, sondern eine einfache Hochrechnung.

Diagramm einer einfachen Hochrechnung für den Energieverbrauch einer CO2-freien Schweiz im Jahr 2050.
Einfache Hochrechnung für den Energieverbrauch einer CO2-freien Schweiz im Jahr 2050.

Kernkraftwerke, Graue Energie und Umweltschutz

Atomkraftwerke haben direkt keinen CO2-Ausstoss. Bei den aktuellen Kernkraftwerkstypen kann ein Unfall aber über sehr lange Zeit sehr grossen Schaden anrichten. Auch wenn das Risiko klein ist, die Konsequenzen sind unverantwortlich, nicht mit Geld aufzuwiegen.

Wenn auf der ganzen Welt nur noch erneuerbare Energie verwendet wird, dann verursacht die Graue Energie auch kein CO2. Konsequenterweise wären dann auch Vorschriften für Energieeffizienz (Wärmedämmung, Glühlampen usw.) hinfällig.

Themen wie Verfügbarkeit von Rohstoffen, Rohstoff-Rückgewinnung, sauberes Trinkwasser, Umweltverschmutzung und viele mehr wurden bei diesen Gedanken zur Energiezukunft nicht berücksichtigt.