Wasserkraft ist die zuverlässige, günstige und bei guter Planung eine umweltschonende Möglichkeiten zur Elektrizitätsversorgung. Man unterscheidet zwischen Laufkraftwerken an einem fliessendem Gewässer und Speicherkraftwerken mit einem Stausee, bei dem der Strom dann erzeugt wird, wenn er gebraucht wird.

wasserkraft
Skizze eines kleinen Wasserkraftwerkes (Quelle: Pacer 1993).

Die hydraulische Bruttoleistung \(P\) [W] errechnet sich aus dem Produkt der Wassermenge \(\dot m\) [kg/s] der Fallhöhe \(h\) [m] und der Erdbeschleunigung \(g\) [9,81 m/s²].

\(P = \dot m \cdot g \cdot h\)

Für kleine Anlagen kann folgende Faustformel angewendet werden:

Wassermenge [Liter/Minute] \(\cdot\) Druckhöhe [m] = Jahresertrag [kWh/a]
Beispiel: 1000 l/min \(\cdot\) 100 m = 100'000 kWh/a

Die durchschnittliche Wassermenge muss bekannt sein. Diese Faustformel basiert auf einem Wirkungsgrad von 70 % und ignoriert die Einheitenbeziehung.

Grosse Wasserkraftwerke (100 MW) erreichen einen Wirkungsgrad von über 90 %, gute kleine Wasserkraftwerke (10 kW) immerhin noch 80 %.

Komponenten eines Wasserkraftwerks

Ein Wasserkraftwerk besteht aus mehreren Anlageteilen. Bei den meisten Wasserkraftwerken liegt der grosse Aufwand im Wasserbau, die Turbinen und der elektrotechnische Teil verursachen nur 10 bis 20 % der Kosten. Aus diesem Grund werden Wasserkraftwerke auch meistens von Bauingenieuren geplant. Für den Betrieb werden dann vor allem Elektrotechniker eingesetzt.

Ein Wasserkraftwerk besteht aus folgenden Komponenten:

Anlageteil Unterteilung Bemerkungen
Staueinrichtung Staufläche Bodenpreis, Rodung ... (2 bis 10 CHF/m²)
Staumauer Materialabtrag, Beton (300 bis 600 CHF/m³)
Grundablass zur Spühlung des Stausees
Überlaufwehr zum kontrollierten Ablass bei Hochwasser
Fischtreppe für die "Wanderung" der Fische
Schiffsschleuse wenn das Gewässer schiffbar ist
Dotierkraftwerk für die Restwassermenge
Wasserfassungen Wehr zum Fassen des Gewässers
Sandfang mit Spülschütz zum Entfernen von Sand
Rechenanlage zum Entfernen von Treibgut
Wasserschloss mit Schieber mit Niveaumessung für die Mengenregelung
Druckleitung Rohr, Stollen, Aushub je nach Gelände (ab 300 CHF/m)
Maschinenhaus Schacht, Gebäude, Kaverne je nach Ausführung (ab 100 CHF/m³)
Rohrleitungen, Schieber mit Druckentlastung bei Schnellabschaltung
Bypass für die Wasserführung ohne Turbine
Turbinen, Pumpen je nach Ausführung (ab 300 CHF/kW)
Elektrotechnik Generator je nach Ausführung (ab 100 CHF/kW)
Erregereinrichtung für Synchrongeneratoren
Schutzeinrichtung Elektroinstallation, Generatorschalter ...
Regeltechnik Turbinenregler, Synchronisationseinrichtung ...
Energieabgabe Transformator, Messtechnik, Schalter
Energietransport Freileitung, Kabel (ab 100 CHF/m)
Vorfluter Ausgleichsbecken, Kanal Rückführung ins Gewässer

Trinkwasserkraftwerke

Im Berggebiet gibt es noch erhebliches Nutzungspotential für Trinkwasser-Kraftwerke, welche keinen negativen Einfluss auf die natürlichen Gewässer haben.

Beispiel für den Einsatz von Trinkwasser-Kraftwerken in einer Gemeinde mit Quellen. Es gibt sehr viele unterschiedliche Situationen. Die grünen Punkte sind Trinkwasser-Kraftwerke, der rote Punkt eine Trinkwasser-Pumpe.

Reservoir-Einlauf

Die erste Nutzungsmöglichkeit gibt es beim Einlauf des Quellwassers ins Reservoir. Dazu muss die Zuleitung druckfest sein. Bei der Quelle wird ein kleines Becken mit etwa einem Kubikmeter Inhalt benötigt. Mit der darin eingebauten Wasserstands-Messung kann man die Turbine so regeln, dass immer Wasser bis oben in der Leitung ist. Damit der Strom genutzt werden kann, benötigt das Kraftwerk beim Reservoir einen Stromanschluss. In der Schweiz gibt es mehrere Hundert solche Kraftwerke. Je nach Druckhöhe (bis über 1000 m) und Wassermenge sind das Leistungen von 5 kW bis über 1000 kW.

Druckreduzierung

In vielen Gemeinden gibt es verschiedene Druckzonen, damit in den unteren Zonen der Wasserdruck nicht zu hoch ist (üblicherweise unter 12 bar). Um den Druck anzupassen, werden Druckreduzierventile eingebaut, welche die hydraulische Energie in Wärme umwandeln. Eine Wasserturbine für Gegendruck würde den Druck auch reduzieren und dabei Strom erzeugen. Rentabel sind Anlagen mit einer grossen Druckdifferenz und einer grossen Wassermenge.

Reservoir-Überlauf

Trinkwasser-Versorgungsanlagen über Quellen sind meistens so dimensioniert, dass über das ganze Jahr mehr Wasser zur Verfügung steht, als benötigt wird. Das überschüssige Wasser gelangt über den Überlauf aus dem Reservoir in die Meteorwasserleitung oder direkt in ein Gewässer. Eine Nutzung beim Reservoir macht keinen Sinn, da dort keine Druckhöhe vorhanden ist. An einer tiefen Stelle im Wasserversorgungsnetz ist aber ein hoher Druck. Wenn dort eine Trinkwasser-Turbine ans Hydrantennetz angeschlossen wird, kann diese genau soviel Wasser turbinieren, dass kein mehr Überlauf entsteht. Zur Regelung benötigt sie den Wasserstand im Reservoir. Das turbinierte Wasser wird dann in eine nahe gelegene Meteorwasserleitung oder in ein Gewässer geleitet. Je nach Situation kann es dort noch für eine Kühlanlage, eine Wärmepumpenheizung oder eine Fischzucht verwendet werden. Ein Beispiel für ein Überlauf-Kraftwerk gibt es in Sufers. Solche Überlauf-Kraftwerke machen energetisch nur Sinn, wenn nicht gleichzeitig Grundwasser ins Reservoir gepumpt wird.

Reservoirzufluss und Wasserbezug in einer Berggemeinde. 

Turbinentypen für Trinkwasser-Kraftwerke

In Trinkwasser-Kraftwerken werden meistens Peltonturbinen mit Asynchrongeneratoren eingesetzt. Bei Anlagen mit geringen Unterschied der Zuflussmenge oder beim Betrieb mit Gegendruck sind Francisturbinen zu finden, welche einen hohen Wirkungsgrad haben, aber relativ teuer sind. Rückwärts-Laufende Kreiselpumpen sind zwar günstig, die Wassermenge lässt sich aber nicht regeln, sie eigenen sich also nur für konstante Wassermengen.

Zusammenstellung verschiedener Typen von Trinkwasser-Turbinen.

Wirtschaftlichkeit eines Wasserkraftwerkes

Je nach Situation und Anlagengrösse ergeben sich Investitionskosten von 500 CHF/kW bis 20'000 CHF/kW. Bei Grossanlagen kann von einem Mittelwert um 2000 bis 8000 CHF/kW ausgegangen werden. Bei einer Lebensdauer von 40 Jahren und einer mittleren Ausnützung von 50 % der installierten Leistung über 8760 h/a ergeben sich für grosse Wasserkraftwerke Kapitalkosten (inklusive 3 % Zinsen) von 2,5 bis 10 Rp.kWh.

Beispiel für die Kosten eines neues 100 kW Druckwasserkraftwerk mit 500 m Fallhöhe:

Grösse Kosten Bemerkungen
Fassung 80 kCHF Einfache Fassung eines Bergbaches
Druckleitung 500 kCHF 1000 m Druckleitung, 140 mm Durchmesser
Technik 150 kCHF 100 kW Peltonturbine mit Asynchrongenerator
Infrastruktur 120 kCHF Gebäude, 300 m Anschlussleitung
Planung 150 kCHF Projektierung, Bauleitung, Gebühren
Total 1000 kCHF Investitionskosten Total
     
Kapitalkosten 30 kCHF/a bei einer Verzinsung mit 3%
Abschreibung 25 kCHF/a linear über 40 Jahre
Versicherung 5 kCHF/a  
Unterhalt 5 kCHF/a 2 Stunden pro Woche für 50 CHF/h
Erneuerung 5 kCHF/a Reparaturen, Ersatz
Aufwand 70 kCHF/a Jahreskosten
     
Produktionskosten 0.16 CHF/kWh bei durchschnittlich 50 kW während 8760 h/a

Produktionskosten

In der Schweiz haben grosse Wasserkraftwerke Herstellungskosten von 3 bis 6 Rappen pro Kilowattstunde. Die tiefen Werte gelten für Anlagen, welche über 50 Jahre alt sind. Zu diesen Kosten kommen noch die Wasserzinsen dazu, welche jährlich an den Kanton und den Konzessionsgemeinden zu entrichten sind. Teilweise wurde über die Konzessionsdauer auch noch ein fester zu versteuernder Jahresgewinn festgelegt.

Der maximale Wasserzins wird vom Bundesrat festgelegt und orientiert sich an der Bruttoleistung in Kilowatt. Die Bruttoleistung ist die durchschnittliche hydraulische Leistung des genutzten Gewässers. Der Wirkungsgrad oder Produktionsunterbrüche werden nicht berücksichtigt. In einigen Kantonen ist die Bruttoleistung die durchschnittliche Abgabeleistung mal 1.3. Von 1918 bis 1953 war der Wasserzins 6 Franken pro PS (8.2 CHF/kW), seit 2015 sind es 110 Franken pro Kilowatt, was etwa der Entwicklung der Arbeitslöhnen entspricht.

Umgerechnet auf die produzierte Kilowattstunde sind das 110 CHF/kW \(\cdot\) 1.3 / 8760 h/a = 0.0163 CHF/kWh, also 1.6 Rappen pro Kilowattstunde. Zusammen mit den Herstellungskosten ergeben sich Produktionskosten von 4.5 bis 8 Rappen pro Kilowattstunde.