Einleitung
Gebäude haben eine sehr grosse wirtschaftliche und energetische Bedeutung in unserer Gesellschaft. Bei einem Neubau kann mit relativ wenig Aufwand der Energiebedarf erheblich reduziert werden, bei einem Altbau ist das bedeutend aufwendiger. Aus diesem Grund gibt es für Neubauten strenge Vorschriften und für die energetische Sanierung von Altbauten zusätzlich Subventionen und Steuerabzugsmöglichkeiten.
Ein Gebäude benötigt "graue" Energie für die Erstellung (Baustoffe, Einrichtungen, Transport, Aufbau und Rückbau) und eigentlich keine Energie für den Betrieb. Energie wird erst gebraucht, wenn sich darin Menschen aufhalten, welche ein angenehmes Raumklima, Warmwasser, Licht und mehr wollen. Die Anzahl Personen und die Nutzung ist sehr unterschiedlich und verändert sich über die Lebensdauer des Gebäudes. Damit man Gebäude energetisch vergleichen kann, werden verschiedene Gebäudekategorien unterschieden und deren Nutzung wird standardisiert, so dass dann ein spezifischer Energieverbrauch pro Quadratmeter und Jahr errechnet werden kann. Eine Überprüfung der Nutzung und des detallierten Energieverbrauchs an Gebäuden wird selten durchgeführt, so dass die Beteiligten dabei nicht viel lernen können.
Vergleich von Baustandards
In der untenstehenden Tabelle werden einige aktuelle Baustandards grob verglichen.
Baustandard | Kurzbeschreibung | Wärme- dämmung |
Zielgrössen | Bemerkung |
---|---|---|---|---|
Altbau gebaut vor 1990 |
keine bis geringe Anforderungen, teilweise ohne Zentralheizung |
0 cm 6 cm |
Heizenergie etwa 160 kWh/m²a |
90% des Gebäudebestandes |
Neubau gebaut nach 1990 |
Mässig gedämmtes Gebäude ohne weitere Anfordungen |
6 cm 14 cm |
Heizenergie unter 100 kWh/m²a |
Energetische Sanierung meistens unrentabel |
Effizienzhaus (Minergie®) |
Gut gedämmtes Gebäude, Heizung mit Anteil erneuerbarer Energie |
14 cm 25 cm |
Heizenergie unter 50 kWh/m²a |
Laufende strengere gesetzliche Grundanforderungen zu erwarten |
Passivhaus (Minergie-P®) |
Extrem gut gedämmtes Gebäude, grosse Südfenster, Komfortlüftung |
30 cm 50 cm |
Minimaler Heizenergiebedarf 15 kWh/m²a (10 W/m²) |
Hoher Aufwand für Wärmedämmung, vor allem an sonnenarmen Standorten |
Nullenergiehaus (Minergie-A®) |
Sehr gut gedämmtes Gebäude mit Wärmespeicher und Sonnenkollektoren |
20 cm 30 cm |
Keine externe Heizenergie erforderlich |
grosser Wärmespeicher erforderlich, Haushaltsstrom unberücksichtigt |
Plusenergiehaus (Minergie-A®) |
Gut gedämmtes Gebäude mit Wärmepumpe und Fotovoltaik |
14 cm 30 cm |
positive Energiebilanz inklusive Haushaltsstrom |
Belastung Stromnetz im Winter, Beschränkung auf besonnte Standorte |
Energieautarkes Haus |
Sehr gut gedämmtes Gebäude mit Wärme- und Stromspeicher |
20 cm 30 cm |
Keine externe Energie erforderlich |
Hohe Kosten für Stromspeicher und viel graue Energie |
Egal wie gut man ein Gebäude dämmt, bei Umgebungstemperaturen von unter 5 °C benötigt man eine Heizung, um die Innentemperatur auf über 20 °C zu halten. Je besser das Gebäude gedämmt ist, desto geringer ist die erforderliche Heizleitung. Bei einer Heizleistung von unter 10 W/m² können die Räume über die Konfortlüftungsanlage beheizt werden.
Geschichte der energetischen Bauvorschriften
Die ersten energetischen Anforderungen an Gebäude bezogen auf den Schutz der Baukonstruktion vor Schäden durch Kondenswasser. Durch die Ölkrisen in den Siebziegerjahren wurde der Gesellschaft die Abhängigkeit vom Erdöl bewusst. Die Politik und Verwaltung begann mit dem Erlass von Energiegesetzen, welche minimale Anforderungen an den Heizenergiebedarf von Neubauten stellten. In den Neunzigerjahren hatte ein guter Neubau eine Wärmedämmung von etwa 8 cm (U-Wert 0.3 W/m²K) und Doppelverglasung, was einen Heizenergiebedarf von etwa 10 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr ergibt.
Seit der allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz des Thema Erderwärmung werden die energetischen Bauvorschriften laufend verschärft und ausgeweitet. Nachdem die geforderten Dämmstärken erhöht wurden (U-Wert 0.2 W/m²K) und Fenster mit Dreifachverglasung (U-Wert 1 W/m²K) gefordert wurden, stellte man fest, dass der Wärmeverlust an den Übergängen (Wärmebrücken) einen grösseren Anteil am gesamten Wärmeverlust eines Gebäudes erhielten. Der Gesetzgeber reagierte darauf mit einer Art Checkliste (Wärmebrückenkatalog) mit welcher dieser Wärmeverlust erfasst und gegebenenfalls durch zusätzliche Dämmung kompensiert wird. Es wurde auch festgestellt, dass bei sehr gut gedämmten Gebäuden der Anteil der Lüftungsverluste gross wurde. Um diese zu reduzieren, wurde eine dichte Gebäudehülle gefordert, welche mit Druckversuchen (Blowerdoor-Tests) überprüft werden kann. Wenn die Benutzer aber ungenügend lüften, gibt es dann Probleme mit der Feuchtigkeit, vor allem bei wärmetechnisch sanierten Gebäuden. Um die Lüftung sicher zu stellen, gibt es Komfortlüftungsgeräte, deren Hauptkomponente ein Wärmetauscher ist, welcher etwa 80 % der Wärme aus der Abluft zurück gewinnt.
In der Energiebilanz eines neuen Gebäudes wird mehr Energie für das Warmwasser als für die Heizung benötigt. Wenn die Wärmebereitstellung mit einer Wärmepumpe erfolgt, dann dominiert der Haushaltsstrom. Um diesen Haushaltsstrom transparenter zu machen, müssen die Elektrizitätswerke flächendeckend Smartmeter (Stromzähler mit Aufzeichnung des Stromverbrauchs) installieren.
Hier eine kurze Auflistung der Massnahmen:
Bereich | Wirksamkeit | Verbreitung | Bemerkungen |
---|---|---|---|
Wärmedämmung | sehr hoch | sehr hoch | Je nach Dämmmaterial, Lebensdauer und Heizsystem übersteigt ab einer Dämmstärke von 20 bis 40 cm die graue Energie für den Dämmstoff die zusätzliche Energieeinsparung. Bei einer Sanierung von Altbaufassaden wird die äussere Erscheinung des Gebäudes oft stark verändert. Eine Innendämmung reduziert den Nutzraum und birgt Gefahren mit Feuchteschäden. |
Fenster | sehr hoch | sehr hoch | Fensterglas mit sehr grosser Dämmwirkung lässt auch weniger Wärme in den Raum eintreten. Beim Fensterersatz wird meistens auch die Dichtheit verbessert. Wenn die Aussenwände nicht auch besser gedämmt werden, können durch den verminderten Luftaustausch Feuchteschäden entstehen. |
Wärmebrücken | mittel | hoch | In einer Gebäudehülle mit einer guten Dämmung der Flächen bekommt der Wärmeverlust über schlecht gedämmte Kanten und Punkte eine grössere Bedeutung. Um diese zu reduziren, gibt es auch Vorschriften für die Ausführung von linearen und punktellen Hülleteilen. |
Dichtigkeit | mittel | mittel | Bei einem Gebäude mit gut gedämmter Hülle gewinnt der Anteil Wärmeverlust über Undichtigkeiten einen grösseren Anteil. Aus diesem Grund gibt es Vorschriften über die Dichtigkeit der Gebäudehülle, welche mit dem Blower-Door-Test gemessen werden kann oder muss. Ein Gebäude ohne Komfortlüftungsanlage muss dann zur Vermeidung von Feuchteschäden regelmässig gelüftet werden. In der Praxis gibt es auch Fälle, in denen aus diesem Grund die Luftdichtigkeit nachträglich wieder verschlechtert wurde. |
Komfortlüftung | mittel | gering | Keine Vorgaben für die Regelung der Lüftung. Bei Sanierungen oft grosser Aufwand für nachträglichen Einbau. |
Beschattung | hoch | mittel | Vor allem Gebäude mit grossen Südfenster haben im Sommer eine Überhitzungsgefahr |
Wärmeerzeugung | mittel | hittel | Anteil erneuerbarer Energie (Sonne, Holz, Umweltwärme) an Heizenergie mindestens 20% oder bessere Wärmedämmung. |
Wassererwärmer | gering | gering | Verbot von reinen Elektoboilern, Alternative Wärmepumpenboiler. Je nach Gebäude ein Nullsummenspiel und Verrringerung des Spielraums für Netzmanagments durch die Elektrizätswerke. |
Wärmeverteilung | gering | hoch | Dämmung von Heizleitungen in unbeheizten Räumen. |
Heizkostenabrechnung | gering | gering | Messung und Verrechnung des Heizenergie- und Warmwasserverbrauchs von einzelen Wohnenungen. Durch unterschiedliche Lage und Nutzung oft ungerecht. |
Solarenergie | mittel | gering | Je nach Lage des Gebäudes mehr oder weniger sinnvoll. |
Glühlampenverbot | mittel | Europa | Energiesparlampen und LED-Lampen benötigen fünfmal weniger Elektrizität als Glühlampen. Keine Berücksichtigung der Nutzungsdauer, Beispiel Estrich oder Keller. |
Elektroheizungsverbot | mittel | hoch | Bei elektrischen Bodenheizungen hoher Sanierungsaufwand. Trend zu mobilen Elektroheizungen. |